Wut. Inspiration und Antriebskraft.


Wut. Ich spüre sie. Eine unausweichliche Wut in mir, die sich wie ein Lauffeuer ausbreitet. Eine Wut die für Schmerz sorgt, der sich tief in mein Herz bohrt. Eine Wut, die sich nicht in Worte fassen lässt. Ich bin wütend. Wütend auf die Umstände, dass es so ist und nicht anders. Dass es einen Rahmen gibt, dem ich mich anpassen soll. Dass andere Menschen Sachen verlangen, die ich nicht erfüllen will. Diese Wut schränkt mich ein, ich will sie nicht, aber sie ist da. Aber wozu ist die Wut gut? 


Wut sorgt doch letztendlich immer für Elend, oder? Sind nicht aus Wut schon viele Menschen in unglückliche Situationen geraten, die für sie hinterher große Folgen hatten, sowohl für die Opfer als auch für die Täter? Wut ist eine Emotion und Emotionen haben immer einen Sinn, sie wollen einem etwas sagen, in eine bestimmte Richtung verweisen. Wut zeigt mir, dass etwas nicht in Ordnung ist. Hinter Wut steckt weitaus mehr, als nur die Lust nach Zerstörung. Warum bekommt man Gedanken, andere Menschen verletzten zu wollen? Sind Menschen nicht von Grund auf solidarische und empathische Wesen? Okay, ich gebe zu, das ist vielleicht erst einmal zu viel verlangt. Trotzdem zeigt sich Wut in Ausnahmezuständen, niemand wird ohne einen triftigen Grund wütend. Wut ist eine Reaktion auf Aktionen anderer. Wut basiert auf Interaktion. Wut hat viel mit mir selbst zu tun, wie ich die Dinge empfinde. Mein Gegenüber hat mich verletzt, mit seinen Worten oder Taten, ich empfinde das was die andere Person sagt oder tut als nicht richtig. Wut erzeugt Macht in mir. Macht, über eine Situation oder einen Menschen bestimmen zu wollen. Aber zuvor werden andere noch Emotionen in mir ausgelöst. Kränkung, die ich nicht auf mir sitzen lassen will. Neid, den ich zu einer anderen Person verspüre, weil sie etwas kann oder hat, was ich nicht habe. Enttäuschung, weil meine Erwartungen nicht erfüllt wurden. Eine Ohnmacht gegen die ich ankämpfen will. Dadurch entsteht erst Wut. Wut erzeugt in einem selbst ungeahnte Kräfte, zu denen man vorher nicht fähig war. Wut drückt etwas nach außen aus. Früher oder später muss diese Kraft entweichen. Nach außen sichtbar werden. Wie, das kann sich ganz unterschiedlich ausdrücken. Sie kann sich dysfunktional ausdrücken, indem man andere verletzt mit Worten oder mit Taten. Dazu muss man später stehen, sich den Dingen stellen, die passiert sind. Entschuldigungen formulieren und Reue zeigen. Damit leben, dass sich Dinge nach der Wut ändern, Meinungen zur eigenen Person, dass andere einen in einem anderen Licht sehen. Man kann nicht immer nur nett und freundlich sein. Wut kann dazu beitragen, dass ich meine persönlichen Ansichten teile, was ich fühle und dass ich mit einer Situation nicht zufrieden bin, so wie sie gerade läuft. Dass kann zu Konflikten führen, da das Gegenüber ebenfalls Wut und Kraft durch meine Aussagen erzeugen kann. Meinungsverschiedenheiten helfen jedoch, die eigene Position infrage zu stellen und sie zu korrigieren, wenn man zu Einsicht fähig ist. Wut hat ein hohes Potenzial zur eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Wut ist in einen Prozess involviert, der Veränderungen wahr macht. Vielleicht funktionieren Veränderungen nur durch Wut. Wut funktioniert jedoch nicht nur alleine, sie ist auch kollektiv. Wenn viele Menschen wütend auf dieselbe Sache sind, können sich diese Menschen zusammentun und gegen ihr Unwohlsein ankämpfen. Wer geht schon auf die Straße, weil alle so glücklich sind? Wir gehen gemeinsam auf die Straße, weil wir wütend sind. Richten uns gegen eine andere Gruppe, gegen die Regierung und Politiker, die in unseren Augen etwas Falsches tun. Treten an die Öffentlichkeit, damit jeder unsere Wut hören kann. Üben gemeinsam zivilen Ungehorsam aus. Gemeinsam sind wir mit unserer Wut stark und üben so Macht aus um gegen unsere Ohnmacht anzukämpfen. So können wir gemeinsam, von unserer Wut getragen, die Gesellschaft gezielt verändern. Und so kann wieder etwas Neues, gutes entstehen. Durch Wut kann man wachsen. Sie darf nur nicht destruktiv sein. Dann verwandelt sich in etwas Böses, was uns allen nicht zugutekommt. Die Ungerechtigkeit kann sich nur durch Wut auf diese verändern. Auch Wut auf die eigene Person kann helfen. Man muss nur produktiv mit ihr umgehen und ihr positiv gegenüberstehen. Sie auch einmal aushalten können, wenn es nicht anders möglich ist. Sie darf nicht zur Zerstörung werden. Vorher muss die Wut in Stärke umgewandelt werden. Stärke dafür, Veränderungen hinzunehmen und zu zulassen. Man muss immer offenbleiben, der Wut gegenüber und genau darauf hören, was diese Emotion einen sagen will. Denn es ist meist etwas Gutes. Doch viele Menschen lassen dies nicht zu. Sie bleiben verschlossen, der Veränderung gegenüber, weil sie ihnen Angst macht und nutzen die Wut dazu aus, ihre Macht gegen andere zu richten. Andere zu verletzten, damit sie ihre eigene Wut nicht mehr spüren müssen. Manchmal ist man auf Dinge wütend die man nicht ändern kann. Weil eine Situation herrscht, über die man keine Kontrolle hat. Dann braucht es Geduld. Die Dinge aushalten zu können, die man eben nicht aus eigener Kraft verändern kann. Die Meinung anderer zu Themen oder zur eigenen Person ändert man auch nicht durch seine eigene Wut. Aber sie zeigt, dass man mit manchen Menschen nicht zurechtkommt oder dass diese nicht gut für einen sind. Dann wäre es an der Zeit zu gehen, diese Veränderung kann man auf sich beziehen. Aber das wiederum ist nur durch eine eigene Stärke zu erreichen. Wut ist eine elementare Kraft, die uns von der Natur mitgegeben wurde, um zu überleben. Sie wurde nicht dazu gemacht sich zu zerstören. Sie will einen lediglich in eine neue Richtung weisen. Ob man dies erkennt und zulässt, dass liegt dennoch letztendlich an einem selbst. Ich hoffe, die Wut, die du spürst nimmst du als positiv und als einen Ansatz auf, dich auf deinem Weg noch einmal umzusehen und wenn es notwendig ist, die Richtung und den Blickwinkel zu wechseln. Denn dann hat die Wut jenes in dir bewirkt, wozu sie ursprünglich gemacht wurde.

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